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Krimilesung: Viel zu früh klingelt schrill die Eieruhr

Artikel vom 22.04.2009 | Zur Quelle

Kerpen - Rudi hat ein bewegtes Leben hinter sich. Er arbeitet viel, und doch wird er dabei nicht glücklich. „Nenn mich nicht Rudi, ich heiße jetzt Rudolfo und arbeite für die Mafia“, schnauzt er eine Kioskbesitzerin an und sorgt damit für Gelächter im Publikum. Ina Coelen liest aus der Kurzgeschichte „Schokolade ist dicker als Blut“ aus dem Buch „Dessert für eine Leiche“. Einen besonderen Service hat sie für die Leser ihres Buches auch parat - nach jeder der Kurzgeschichten gibt es das passende Dessertrezept. Knapp 100 vornehmlich weibliche Besucher füllen den großen Kinosaal im Capitol Kerpen, kleine rote Lampen sorgen für schummriges, geheimnisvolles Licht. Gebannt hören die Zuschauer den insgesamt sechs Autorinnen zu, die jeweils exakt zehn Minuten Zeit haben, aus ihren Werken zu lesen. Obwohl die Texte sehr unterschiedlich sind - manche zeichnen sehr düstere Szenen, während andere Texte für viele spontane Lacher sorgen - werden die Zuschauer gefesselt. 

Gleich sieben Mitglieder der „mörderischen Schwestern“, ein deutschlandweites Netzwerk von Krimiautorinnen und -leserinnen, haben sich im Capitol eingefunden. Das Netzwerk organisiert in loser Reihe Workshops, Rhetorikseminare oder Seminare über Plot-Entwicklung. Das Mentorinnenprogramm unterstützt junge Autorinnen bei ihren ersten Gehversuchen im Krimigeschäft. Die Präsidentin, Ulla Lessmann, moderiert den Abend, während Ingrid Schmitz, Jutta Wilbertz, Gisa Klönne, Mila Lippke, Ina Coelen und Brigitte Glaser aus ihren Werken lesen. Für Brigitte Glaser ist es ein Heimspiel, sie moderiert Filmvorstellungen im Capitol und hatte die Idee, eine „Ladies' Crime Night“ zu organisieren. Den Betreiber des Capitols, Bernd Schmitz, hatte sie sofort auf ihrer Seite: „Mit so einer guten Resonanz hätten wir nicht gerechnet. Jetzt werden wir sicherlich darüber nachdenken, die Veranstaltung noch einmal zu wiederholen.“ 
Perfektes Ambiente Dem Publikum gefällt besonders die ganz spezielle, gemütliche Atmosphäre, die im Capitol herrscht. „Die Lesung ist gut organisiert, die Texte sind spannend, und das Ambiente ist einfach perfekt“ sagt Max-Hanno Krämer (60), einer der wenigen männlichen Hörer im Raum. Das Tempo des Abends ist rasant. Kaum beendet Jutta Wilbertz ihre Lesung, kündigt Ulla Lessmann bereits Gisa Klönne als nächste Autorin an. Einige kurze Details über die Autorin, und schon wird der Zuhörer mitgenommen in das nächste Abenteuer, das ihn diesmal in das düstere Italien führt. Klönne versteht es besonders gut, das Publikum in ihren Bann zu ziehen, ihre Stimme ist mal laut, mal herablassend, dann wieder aufbrausend und im nächsten Atemzug ganz leise. Viel zu schnell klingelt schrill die Eieruhr, die vom Ende der Lesezeit kündet, das Publikum wird aus der Geschichte unsanft herausgerissen und reagiert mit einem enttäuschten „oooh“. Viel verdienten Applaus gibt es schließlich. Dem Publikum wie den „mörderischen Schwestern“ ist die Freude über einen gelungenen, kurzweiligen Krimiabend anzusehen.