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Kino zum Nachdenken im Kleinformat

Artikel vom 09.02.2008

KERPEN. Der Frau steht Ensetzen in den Augen. Kein Wunder, ihr wurde gerade gekündigt. Sie muss ihre Sachen packen und ihre Arbeitsstelle verlassen - genauer gesagt ihr eigenes Haus. Denn der Familienrat hat beschlossen, dass die Mutter nicht mehr effizient genug die Haushaltsarbeiten verrichte, und trennt sich den Regeln des Marktes entsprechend von dem Familienmitglied. Stichwort: Outsourcing. So ist der zweite Film betitelt, den die Besucher der Kurzfilmreihe „Augenblicke“ auf sich wirken lassen können. Nach dem Streifen „Stille Post“, in dem sich schulisches Mobbing und unterschwelliger Rassismus noch durch eine Pointe in Wohlgefallen auflösen, wartet also als zweites direkt eine bittere Pille auf diejenigen, die am Dienstag, 19. Februar, um 20 Uhr das Capitol Theater in Kerpen aufsuchen, um die elf Kurzfilme zu sichten. „Es ist zu merken, dass sich die Leute jetzt schon darauf freuen“, sagt der Capitol-Betreiber Bernd Schmitz - die Reihe „Augenblicke“, die er zusammen mit dem Katholischen Bildungswerk zeigt, habe nach dem Start vor drei Jahren eine zunehmende Anzahl von Interessierten in sein Lichtspielhaus gelockt. 

 Seit 1992 verschafft das Projekt „Augenblicke“ des Sekretariates der deutschen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit den kirchlichen Medienzentralen und Bildungseinrichtungen und den Kinos jungen Filmautoren und -regisseuren ein Forum und den Zuschauern Denkanstöße. Kino und Kirche: eine Verbindung, die laut dem Leiter der Medienzentrale des Erzbistums Kölns, Udo Wallraf, schon seit vielen Jahrzehnten Tradition hat - auch wenn im öffentlichen Bewusstsein eher die teilweise harsche Kritik des Klerus bei von ihm als Skandal empfundenen Filmen verankert sei. „Wir ringen beide um die Existenzfrage“, begründet er die Beschäftigung mit den bewegten Bildern. Und eben beschäftigen sollen sich auch die Zuschauer mit den Themen, die stark verdichtet in den in diesem Jahr maximal 15-minütigen Momentaufnahmen verhandelt werden - von Lee Harvey Oswald über das Leben und Treiben an der Straße von Gibraltar bis hin zur Schöpfung. Bei der Vorführung wird es eine Einführung geben. Die Besucher können kleine cineastische Perlen erwarten, die Wallraf aufgrund der unvorhersehbaren Wendungen mit Schüttelgläsern vergleicht: Man wisse nie vorher, wie es hinterher aussehe. Ausgesucht hat eine Jury die maximal drei Jahre alten Produktionen. Bei Kurzfilmfestivals waren die Juroren zu Gast und sichteten Material an Filmhochschulen. Kinotauglichkeit, inhaltlicher und ästhetischer Anspruch sowie originelle und lebensbejahende Haltung gehören zu den Kriterien. Dann wird das rund 100 Minuten lange Programm zusammengestellt und geht auf Reisen, von Kino zu Kino, bundesweit. 
Derzeit befinden sich die Rollen laut Wallraf „irgendwo in Süddeutschland“, spätestens am 19. Februar werden sie in Kerpen eintreffen. Zwei andere Kinos beteiligen sich noch im Rhein-Erft-Kreis: Das Zoom-Kino in Brühl, in dem die Vorstellung am Mittwoch, 27. Februar, ab 20 Uhr läuft, und das Berli-Theater in Hürth, wo die „Augenblicke“ am Dienstag, 4. März, ab 20 Uhr zu sehen sein werden. Im Capitol Theater kostet der Eintritt 4,60 Euro.